Was dieser Journalist für seine Kollegen geschrieben hat, wird Dich umhauen. Hättest Du an seiner Stelle dasselbe geschrieben?
Es ist gar nicht so leicht, Traffic von Facebook zu bekommen. Doch einige Webseiten beherrschen das „Teasen“, das Anreizen des Lesers, nahezu perfekt. Dabei gehen sie kreative Wege bei Überschrift und Anrisstext. Können wir Journalisten davon lernen?
Facebook als alternative Trafficquelle. Das Google-Monopol brechen und endlich wieder journalistisch schreiben! Für Kollege Karsten waren das die Gründe, Facebook zu seinem neuen besten Freund zu erklären.
Die Sache hat einen Haken: Auf Facebook herrscht eine andere Motivation des Konsumenten als auf Google. Suchmaschinen-Nutzer stöbern ganz gezielt nach einer bestimmten Information und wägen dabei anhand der kleinen Textschnipsel ab, ob diese oder jene Seite die passende Info parat haben könnte. Zur Not besuchen sie sogar mehrere Webpräsenzen, bis sie die betreffende Information erhalten.
[pullquote align=“right“]Facebook ist ein bunt gemischter Inhaltsstrom, in dem für einen Beitrag geworden werden muss Facebook und auch Twitter funktionieren anders. Sie sind bunt gemischte Inhaltsströme, in denen der Betrachter erst für einen Beitrag interessiert werden muss. Und zwar derart, dass er ihn tatsächlich aufruft und liest, was keineswegs selbstverständlich ist. Denn selbst, wenn dem Facebook-Nutzer etwas gefällt oder er es teilt, heißt das lediglich, dass er mit der zugrunde liegenden Botschaft einverstanden ist und sich damit als Ausdruck seiner Selbst schmückt. Er muss dafür noch lange nicht den Beitrag gelesen haben.
Will der Autor/Webseitenbetreiber also Geld verdienen, was ja meist auf der eigenen Webpräsenz passiert, muss er den Leser überzeugen auf den Link zum Artikel zu klicken. Und das bei jedem einzelnen Beitrag aufs Neue.
Renaissance des Teasers: Ein alter Bekannter der Journalisten
Das Tolle: Journalisten haben die passenden Mittel dafür längst im Repertoire. Denn ganz ähnlich haben wir innerhalb einer Zeitung oder einem Magazin agiert, wenn wir für unseren Artikel „geworben“ haben; Überschrift und Anrisstext, Headline und Teaser, sollten den Leser in den Text schicken. Und genauso kann es auf Facebook funktionieren … naja fast.
Denn es gibt entscheidende Unterschiede: Ein erfolgreicher Anriss auf Facebook verrät zum Beispiel geschickt den eigentlich Kern nicht. Und dieser Tanz um die wissenswerte Information kann schön in Szene gesetzt werden. Ein Beispiel, das gofeminin.de neulich brachten:
Das ist zugegebenermaßen ein boulevardesques Beispiel, aber eines, dessen Bann man sich kaum entziehen kann – ich musste mich schon sehr sträuben, das Video dort nicht anzusehen. Auch wenn mir eigentlich klar war, was sie tun würden.
Mir gefällt die Logik innerhalb dieses Teasers:
Er führt Charaktere ein: eine Frau und ihre Freundinnen
… setzt die Szene: Krebserkrankung
… positioniert einen Cliffhanger: was haben sie getan?
… gibt ein Versprechen: wird Euch umhauen
… und spricht den Leser schließlich persönlich an, knüpft einen Bezug: Wärt ihr auch so mutig gewesen?
Was hätte ein Journalist normal daraus getitelt? Schauen wir uns doch einmal kurz um …
Alles journalistisch korrekte Headlines, aber wirken sie gleichermaßen magnetisch? Eigentlich habe ich die Info damit schon. Warum soll ich jetzt noch klicken?
Die Teaser-Headline: Überschrift und Anriss verschmelzen
Noch eines fällt auf: Der größte Teil des Anrisses läuft bereits als Überschrift. Das widerspricht natürlich der Idee von kurzen Headlines, wie wir sie im Printjournalismus gelernt haben.
Solche „Teaser-Headlines“ haben amerikanische Seiten wie Upworthy und Co., die ja ausschließlich von Facebook-Traffic abhängen, perfektioniert. Ein Beispiel:
Hier wurde sehr schön der Dreh „und es kam anders als erwartet“ hergenommen, um neugierig zu machen. Auch eine schöne Methode.
Das Problem: Die Teaser-Headlines (ich suche noch ein praktisches Wort dafür: Teaselines? Headers? Überrisse?) sind tatsächlich nur und ausschließlich für Facebook optimiert. Für den Suchmaschinen-Nutzer sind weder Thema noch Überschrift relevant. Zudem würden sie gar nicht in voller Länge angezeigt werden.
Fazit: Den vertretbaren Weg finden
Ich für meinen Teil werde versuchen zukünftig einen seriösen Weg zu finden, wie ich das Facebook-Teasen mit meiner Idee von Journalismus verbinden kann. Ich hatte es neulich mit diesem Anriss schon für meine Schottland-Webseite versucht:
Und ich meine, dass es bereits Erfolge erzielte, denn die Klickzahlen haben sich im Vergleich zu ähnlich starken Themen bereits verdreifacht. Allerdings können hier natürlich auch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben.
PS: Einen hab ich noch …
Dieser Vater ist ein Massenmörder. Doch was sein Sohn für ihn getan hat, wird Euch zu Tränen rühren.
Das ist wahrer Jedi-Spirit. Hättet Ihr Dasselbe für ihn gemacht? Weiterlesen auf Krieg-der-Sterne-Teil-VI …
4 Gedanken zu „Tease me! Von der Kunst der Verführung auf Facebook“
Ist für mich jetzt nicht wirklich neu – trotzdem hab ich auf deine Teaserheadline geklickt und bin hier gelandet ;). Das Perverse daran ist also, dass es funktioniert, auch wenn man weiß, wie es funktioniert.
Buzzfeed, Bored Panda, Upworthy und Co haben das ja bekannterweise perfektioniert, wobei Upworthy sicher das herausragendste Beispiel ist. Abgesehen von der Tatsache, dass Upworthy bereits weider auf dem absteigenden Ast ist, weil Facebook mal wieder seinen Algorithmus geändert hat, gibt es aber auch nervtötende Negativbeispiele (z. B. das zum Glück bereits wieder eingestampfte Format „Neue Elite“). Ich selbst hab mit der Methode auch schon rumexperimentiert, komme mir aber immer ein wenig schmutzig und unseriös vor, wenn ich das mache ;). Daher hab ich für mich beschlossen, dass ich das so nicht praktizieren werde, sondern zu den guten alten deskriptiven Headlines zurückkehre – WYSIWYG sozusagen.
Trotzdem danke für den Artikel, ist ein interessantes Thema!
P. S.: Unter http://www.upworthygenerator.com/ gibt es einen schönen Upworthy-Title-Generator, der solche Dinger maschinell gebastelt raushaut (Stichwort Roboterjournalismus). Daran sieht man, dass das Ganze schon sehr schablonenhaft ist und mMn die Mehrheit der Leser bald zu Tode nerven wird.
Hallo Marvin, danke für den Tipp mit Upworthy-Generator. Sehr lustig.
Das mit „schmutzig“ sehe ich wie Du. ich würde miene Headline nie exakt so machen. Allerdings schaue ich mir an, was ich lernen kann. Und tatsächlich sehe ich halt den Nachteil darin, den Leuten die komplette Info in kaltem Schreibstil zu geben. Will sagen: Mehr Konzentration beim anteasen, mit etwas mehr emotionalen Elementen wäre nicht schmutzig, sondern – Achtung: nächstes Buzzword – gutes Storytelling. Oder?
Das o.g. Dilemma Suchmaschine vs. Facebook kann man sogar recht einfach aufweichen. Facebook bietet ja an vor dem Veröffentlichen die Headline und den Teaser-Text zu individualisieren. Diese Texte überträgt es auch, wenn exakt dieser Link geteilt wird.
Noch besser geht es aber über die Meta-Angabe von og:title, der auf der eigenen Webseite eingebunden wird und zur Folge hat, dass bei Google ganz normal der Title-Tag ausgelesen wird, für Facebook allerdings og:title ausgelesen wird.
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Ist für mich jetzt nicht wirklich neu – trotzdem hab ich auf deine Teaserheadline geklickt und bin hier gelandet ;). Das Perverse daran ist also, dass es funktioniert, auch wenn man weiß, wie es funktioniert.
Buzzfeed, Bored Panda, Upworthy und Co haben das ja bekannterweise perfektioniert, wobei Upworthy sicher das herausragendste Beispiel ist. Abgesehen von der Tatsache, dass Upworthy bereits weider auf dem absteigenden Ast ist, weil Facebook mal wieder seinen Algorithmus geändert hat, gibt es aber auch nervtötende Negativbeispiele (z. B. das zum Glück bereits wieder eingestampfte Format „Neue Elite“). Ich selbst hab mit der Methode auch schon rumexperimentiert, komme mir aber immer ein wenig schmutzig und unseriös vor, wenn ich das mache ;). Daher hab ich für mich beschlossen, dass ich das so nicht praktizieren werde, sondern zu den guten alten deskriptiven Headlines zurückkehre – WYSIWYG sozusagen.
Trotzdem danke für den Artikel, ist ein interessantes Thema!
P. S.: Unter http://www.upworthygenerator.com/ gibt es einen schönen Upworthy-Title-Generator, der solche Dinger maschinell gebastelt raushaut (Stichwort Roboterjournalismus). Daran sieht man, dass das Ganze schon sehr schablonenhaft ist und mMn die Mehrheit der Leser bald zu Tode nerven wird.
Hallo Marvin, danke für den Tipp mit Upworthy-Generator. Sehr lustig.
Das mit „schmutzig“ sehe ich wie Du. ich würde miene Headline nie exakt so machen. Allerdings schaue ich mir an, was ich lernen kann. Und tatsächlich sehe ich halt den Nachteil darin, den Leuten die komplette Info in kaltem Schreibstil zu geben. Will sagen: Mehr Konzentration beim anteasen, mit etwas mehr emotionalen Elementen wäre nicht schmutzig, sondern – Achtung: nächstes Buzzword – gutes Storytelling. Oder?
Auf jeden Fall! Storytelling gehört dazu ;).
Ich sehe das ähnlich wie du und versuche auch meine Schlüsse daraus zu ziehen bzw. das Ganze für mich anzupassen.
Das o.g. Dilemma Suchmaschine vs. Facebook kann man sogar recht einfach aufweichen. Facebook bietet ja an vor dem Veröffentlichen die Headline und den Teaser-Text zu individualisieren. Diese Texte überträgt es auch, wenn exakt dieser Link geteilt wird.
Noch besser geht es aber über die Meta-Angabe von og:title, der auf der eigenen Webseite eingebunden wird und zur Folge hat, dass bei Google ganz normal der Title-Tag ausgelesen wird, für Facebook allerdings og:title ausgelesen wird.