Ein Witz namens Leistungsschutzrecht

Von Alex E. Proimos - http://www.flickr.com/photos/proimos/4199675334/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22535544

Wer für das Leistungsschutzrecht kämpft, hat das Internet nicht verstanden. Allen voran EU-Kommissar Günther Oettinger, der dringend mal ein paar Dinge lernen müsste. Eigentlich galt es schon als tot – das liebe Leistungsschutzrecht. Nun wurde es durch einen tapsigen EU-Kommissar wieder aus der Kiste geholt. Verleger sollten ihren Online-Redakteuren doch mal erklären, warum das so … Weiterlesen …

Unterschätzt die Macht der Verlage nicht!

By Photographed by W. & D. Downey. [Public domain], via Wikimedia Commons

Googles Paukenschlag war nur der Auftakt zum großen Crescendo: Dass der Suchmaschinen-Anbieter tatsächlich bestimmte Inhalte der Verlage nicht mehr anzeigt, beweist nicht dessen Macht, sondern dessen Berechenbarkeit. Als Google seinen Blog-Beitrag veröffentlichte, reagierte zumindest meine Filterblase auf Facebook mit viel Häme. Von „gut so!“ bis „the empire strikes back“, „rückwärtsgewandte Verlage“ und viele ähnliche Kommentare … Weiterlesen …

Warum das Leistungsschutzrecht doch ein Erfolg für die Verlage ist

Das LSR tritt heute in Kraft und die Verlage setzen damit ein Zeichen ihrer politischen Macht. Dass das Gesetz selbst zur Lachnummer wurde, ist dabei völlig egal. Die Verleger können zufrieden sein. So, da ist es nun passiert. Das Leistungsschutzrecht gilt. Wurde Google-News dadurch zur leeren Nachrichtenwüste? Natürlich nicht. Burda, Springer und Co., sie alle … Weiterlesen …

Die Liste zum Leistungsschutzrecht: Wer erlaubt was?

Commander in Chief Home Fleet, Admiral Sir John Tovey on Board HMS King George V, November 1942 - by Royal Navy official photographer [Public domain or Public domain], via Wikimedia Commons

Update: Obwohl das Leistungsschutzrecht nun seit 1. August 2013 in Kraft getreten ist, haben fast alle deutschen Verlage und Medienhäuser Google weiterhin erlaubt, die so genannten „Snippets“ in Google News zu zeigen. Dies in den meisten Fällen aber nur „unter Vorbehalt“. Siehe einen Artikel von Zeit Online hier.

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Als ob das Leben als Journalist im Internet nicht schon kompliziert genug wäre, hat es das Leistungsschutzrecht noch komplizierter gemacht. Und auch wenn die Befürworter immer wieder behaupten, dass es sich gar nicht gegen uns kleine Blogger richtet und uns auch unser Anwalt versichert hat, dass das Zitatrecht weiter gilt, finde ich: Vorsicht ist besser als abgemahnt zu werden.

Was da am besten hilft?

[highlight]Eine Liste mit klaren, rechtsverbindlichen Aussagen verschiedener Seitenbetreiber zum #LSR, die mir genau sagt, was ich wo und wie auf meinen Seiten zitieren kann.[/highlight]

Klare Aussagen gibt es allerdings nur von Seiten, die sich gegen das LSR positioniert haben. Jedenfalls so lange nicht ganz geklärt ist, wie lang Snippets nun sein dürfen bzw. es noch keine konkrete Aussage von Seiten der LSR-Befürworter gibt.

Generell gilt bei allen hier genannten Angeboten: Kurze Zitate und Anrisse („Snippets“) sind erlaubt – aber keine kompletten Übernahmen.

Hier sind die Aussagen, die wir bisher gefunden haben:

Rhein-Zeitung

Digitalchef Marcus Schwarze schreibt auf Google+: „Wir freuen uns über Links auf unsere Texte. Wer will, darf dazu gerne und gefahrlos unsere Überschriften und URLs nutzen. “ Und weiter „Auch die Übernahme unserer Vorspänne sehen wir gelassen – mit folgender Einschränkung. Wir bitten darum, am Ende dieser Texte tatsächlich zu uns zu verlinken, nicht einfach nur ohne Link „Quelle: Rhein-Zeitung“ zu schreiben – sondern explizit zu der Langfassung unseres Textes.“ Quelle

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Zeit Online

Jochen Wegener, neuer Chefredakteur von Zeit Online, sagt es in einem Blogbeitrag ganz deutlich: „Wir freuen uns, wenn Sie ZEIT ONLINE und DIE ZEIT zitieren.“  Laut Wegener dürfen alle Onliner „…kurze Auszüge unserer redaktionellen Texte ohne ausdrückliche Genehmigung wiedergeben, wenn Sie uns als Quelle nennen und direkt zum Originaltext verlinken. Auch die Text-Auszüge, die unsere Content-API ausgibt, können Sie wie bisher verwenden. Gleiches gilt für unsere RSS-Feeds.“ Quelle

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Spiegel Online: 

„Unsere Überschriften und Anrisstexte können wie bisher verwendet werden. Wir werden das Leistungsschutzrecht nicht nutzen, um Links und Zitate zu unterbinden.“ Dies gelte auch, so Spiegel Online, wenn man auf seiner Seite mit Werbung Geld verdiene. Quelle

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Süddeutsche.de

Bei einer Verlinkung auf den eigenen Text gibt sich Sz.de generös: „Drei Sätze plus Überschrift und Vorspann halten wir dabei grundsätzlich für eine gute Grenze, auch wenn das Zitatrecht weniger erlauben sollte.“ Und: Aggregatoren wie Rivva dürfen weiter Snippets bringen. Auch die Übernahme der RSS-Feeds ist erlaubt. Quelle

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Carta.info

Das Debattenportal erlaubt wie bisher Zitate (mit Quellenangabe) und Snippets mit dem Umfang: Überschrift, Teaser, erster Absatz oder ein entsprechendes Zitat. Quelle Ergänzung in den Kommentaren (s.u,): „Carta “erlaubt” ebenfalls die Übernahme von CC-Texten unter den entsprechenden Bedingungen der Lizenzen.“

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HNA.de

Die Hessische/Niedersächsische Allgemeine stellt klar, „dass Überschriften und Anrisse unserer Artikel wie bisher verwendet werden dürfen. Wir werden das Leistungsschutzrecht nicht nutzen, um Links und Zitate zu unterbinden.“ Quelle

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Der Westen

Die Überschrift plus Vorspann sind für den Westen als Übernahme (mit Verlinkung) ohne Anfrage okay. Gewerbliche Anbieter müssen eine Anfrage stellen. Quelle

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Heise.de

Der Verlag der c’t hat sich früh positioniert: „Wir akzeptieren keine Einschränkungen der Freiheiten und Möglichkeiten des Internet.“ Erlaubt sind die  Artikelüberschrift und der Anrisstext oder „eine vergleichbare Textlänge“. Quelle

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Golem.de

Das Technik-Portal lässt Zitate und Snippets wie bisher zu: „Wir freuen uns über jede Verlinkung, auch mit Snippet, und jedes Zitat.“ Quelle

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Netzwertig.com

Alle Blogwerk-Publikationen dürfen von Publishern, Aggregatoren oder Bloggern wie bisher zitiert und verlinkt werden. Als Schweizer Unternehmen unterliege man übrigens nicht dem deutschen LSR. Quelle

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Motor-Talk.de

Timo Friedmann, Chefredakteur von Motor-Talk: „Alle Inhalte von MOTOR-TALK bleiben weiterhin frei zugänglich. Für Google, für andere News-Aggregatoren. Ohne Einschränkungen, ohne Bezahlschranke.“ Quelle

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Der Freitag

Verleger Jakob Augstein legt sich klar fest: „Wir erklären hiermit also noch einmal feierlich, dass wir uns weiterhin über jeden Link und jedes Zitat freuen. Eine Verlinkung des Freitags wird weder einer Erlaubnis bedürfen, noch wird sie je Geld kosten. Auch vor Abmahnungen muss sich niemand fürchten, wenn er uns zitiert.“ Quelle

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Giga.de

„Wir freuen uns weiterhin über Links zu unseren Inhalten unter Verwendung der Überschrift und eventuell des Einleitungstextes.“ Quelle

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Winfuture.de

„Der Text des ersten Absatzes (auch Vorspann oder Teaser genannt) darf bei Verlinkung des Artikels übernommen werden.“ Quelle

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PC Welt

Nutzer können mit der Artikel-Überschrift und mit dem Vorspann auf einen Artikel auf pcwelt.de verlinken. „Sie dürfen auch gerne aus dem Artikel-Text zitieren und den ersten Absatz übernehmen.“ Quelle

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Gründerszene.de

Kurze Textpassagen und Snippets sind mit Quellenhinweis erlaubt. „Eine Übernahme der Überschrift und des Teasers ist  erlaubt, wenn ein Link zum Artikel auf unserer Seite führt und wir namentlich genannt werden und damit der Urheber des Gedanken kenntlich gemacht wurde.“ Quelle

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Test.de

Die Stiftung Warentest erlaubt das Zitieren und Verbreiten per RSS.Feed von von Titel und Vorspann eines Artikels. „Auch das Zitieren kurzer Passagen aus dem Text selbst bleibt gestattet, sofern die über­nommen Passage zur Erläuterung des Textes auf test.de erforderlich ist.“ Immer die Quelle nennen! Quelle

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Vocer

Vocer erlaubt nicht nur Zitate, Verlinkungen und Snippets im bisherigen Umfang – sondern auch die Komplett-Übernahme von entsprechend gekennzeichneten Texten (CC-Lizenz). Quelle

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t3n

Auch hier eine klare Aussage (siehe auch Kommentare): „Aggregatoren, Publisher, Blogger und Leser können, wie bisher schon, auch in Zukunft gerne Snippets und Zitate von t3n.de verwenden. Solange sich das Snippet auf die Überschrift und den ersten Absatz beschränkt oder das Zitat eine ähnliche Länge hat: immer gerne.“ Quelle

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Sobald es klare Aussagen von Befürwortern gibt, werden wir sie hier ebenfalls dokumentieren.

 

P.S. Eine große Liste – allerdings ohne konkreten Angaben – findet Ihr auch bei Mediainfo.de. Nutzt den Twitter-Hashtag #LSRfrei!

Update am 17. April mit Zeit Online

 

Leistungsschutzrecht? Nicht unser Versagen!

Sascha Lobo, Foto: Reto Klar (www.retoklar.de)

Lieber Sascha Lobo, *

ich habe Deinen Artikel gelesen und Du hast nicht Recht. Jedenfalls nicht ganz. Ich will Dir sagen, warum.

Zuerst war ich ganz auf Deiner Schiene, habe auf mich gesehen: Ich Versager. Aber das ist ein Reflex, den habe ich noch so drinnen, von damals, als ich evangelischer Konfirmand war.

Brav das Köpfchen beugen, die Schuld bei mir suchen, mich in Sack und Asche kleiden? Alter: Nicht mehr! Vielleicht haben wir irgendwie versagt, aber dieses Eingeständnis lenkt den Blick auf uns und weg von denen, die SCHULD am Leistungsschutzrecht haben, und die damit eiskalt durchkommen und sich nur ins Fäustchen lachen, wenn wir jetzt das Versagen bei uns suchen.

Reden wir also lieber über Schuld. Wer hat sie denn nun?

1. Die Verlage: Deren Schuld beginnt schon Anfang des Jahrtausends. Seitdem nämlich haben sie das Internet zu einer Kloake aus Titten, Abofallen und perverser Kriminalität stilisiert – kurz zu einem Abbild ihrer eigenen Boulevardblätter.

Noch ehe das “Kind mit dem Geburtsfehler” erwachsen werden durfte, um zu beweisen, was in ihm steckt, hatte es seine Unschuld gegenüber der älteren Generation verloren. Seitdem ist für unsere Mütter das Internet irgendwie böse – aber sicher nicht wichtig für die Zukunft Deutschlands. Unsere Eltern sind für das Internet die verlorene Generation.

Auf dem so bereiteten Boden fiel es ihnen nur allzu leicht das LSR vorzubereiten. Es erzeugte bestenfalls Häme bei unseren Eltern, am ehesten aber doch schlichtes Desinteresse.

2. Die sogenannten Qualitätjournalisten: Oh Gott, ich kann diesen widerlichen Begriff nicht mehr hören. Er versucht doch glatt das Bild von lauter Bob Woodwards und Carl Bernsteins zu zeichnen. Die Sache ist nur die: Die beiden genannten haben eine Geschichte lange recherchiert, haben sich mit Zentren der Macht angelegt und die Story teils gegen Widerstände aus dem eigenen Verlag durchbringen müssen – sie haben etwas riskiert!

Die, die immer das Wort vom hehren Qualitätsjournalisten führen, die auf Blogger verächtlich herabblicken, die haben gar nichts riskiert! Nichts! Obwohl ich kaum einen Redakteur kenne, der das LSR gutheißt (schon gar nicht bei den Online-Medien der Verlagshäuser), hat keiner den Mut aufgebracht, seinem Chefredakteur zu sagen: Komm, wir bringen das. Wir gehen gegen Springer  vor. Wir müssen das mal erzählen.

Stattdessen haben die Redaktionen das Thema entweder protegiert (Leyendecker!) oder totgeschwiegen bis es zu spät war. Die halbherzige Berichterstattung jetzt zum Schluss, war Konzession an die Netzgemeinde, in der Hoffnung ein bisschen Buzz mit abzusahnen. Nichts weiter.

3. Die Politker: Ich sage es ganz offen, mich hat schockiert, wie pervertiert das politische System in Deutschland ist. Das ist meine Naivität. Aber die Schuld liegt dennoch nicht bei mir, sondern bei denen, die den kleinen hoffnungsfrohen Demokraten in mir gestern getötet haben. Besonders die SPD und Peer Steinbrück haben mich enttäuscht. Wie schizo muss man sein, etwas, wie das LSR öffentlich schlecht zu finden, und es dennoch als Opposition durchzuwinken?

Also: Deren Versagen, deren Schuld!

Hier! Das sind die Schuldigen. Nicht wir. Nicht die Netzgemeinde. Die hat sich organisiert, war sich selten so einig. Du, Sascha Lobo, schreibst: “es wäre unsere Aufgabe gewesen, es zu erklären und die Erklärung zu verbreiten”. Nein, das wäre die Aufgabe aller Verlage, Journalisten und Politiker gewesen, zu thematisieren und zu analysieren, es über alle Medien zu verbreiten. Dafür sind sie unter anderem da. Und das deutlich zu sagen und mit dem Finger darauf zu zeigen, #aufzuschreien, das sollten wir jetzt tun. Nicht das Versagen bei uns suchen.

Deren Versagen, deren Schuld!

Noch eins zu meiner Mutter: Selbst wenn ich es geschafft hätte ihr es zu erklären (wer kann das LSR eigentlich überhaupt erklären?), gibt es einen simplen Grund, warum sie nicht motiviert dagegen aufgestanden wäre: Es betrifft sie schlicht nicht. Es betrifft dieses Netz, und das ist irgendwie voller Titten, Abofallen und Kriminalität, nicht wahr?

* Gott, wie hoffe ich, dass alleine diese Ansprache unglaublich viele Tweets und Likes bringt …